Fernwanderung

Fernwandern: Auszeit von der Moderne

01.01.2018 Aus Von mwiersema

Spätestens seit Hape Kerkeling „dann mal weg war“ ist das Fernwandern im Mainstream angekommen. Dabei muss es nicht unbedingt der (mittlerweile sehr ausgetretene) Jakobsweg nach Santiago de Compostela sein. Zahlreiche Fernwanderwege ziehen sich kreuz und quer durch Europa und ermöglichen ein urtümliches und noch dazu günstiges Reiseerlebnis. Viele folgen dabei uralten Routen, die die Menschen über Jahrhunderte lang nutzen, ehe Eisenbahn und Flugzeug erfunden wurden.

Fernwanderungen in Deutschland planen

Es muss beim ersten Mal nicht direkt eine Alpenüberquerung sein. Wer bislang nur kurze mehrstündige Wanderungen innerhalb einer Urlaubsreise oder eines Tagesausflugs von zuhause aus unternommen hat, sollte erst einmal eine kurze Mehrtageswanderung planen um ein Gefühl für den Verlauf und die Anforderungen des Fernwanderns zu bekommen. Entsprechende Wege gibt es in jedem Bundesland. Sehr bekannt ist zum Beispiel der Rheinsteig, der von Bonn über Koblenz bis Wiesbaden durch das einzigartige Mittelrheintal mit seinen zahllosen Burgen führt. Der Rheinsteig ist 320 Kilometer lang und in 23 Etappen unterteilt. Anfänger können nach Belieben ein- und aussteigen und zum Beispiel von Koblenz zur Loreley wandern. Ein Vorteil dieses Wanderwegs: Die Bahnstrecke verläuft parallel durch das Mittelrheintal, so dass es nie weit zum nächsten Bahnhof ist.

Viel „plattes Land“ ohne nennenswerte Steigungen wartet im Norden, zum Beispiel auf dem 117 Kilometer langen Nord-Ostsee-Wanderweg von Meldorf bis Kiel, der in 5 Etappen unterteilt ist. Wer mehr als „nur Natur“ will, kann sich auch einen Fernwanderweg mit viel Geschichte aussuchen. Der Rennsteig in Thüringen  führt zum Beispiel über 8 Etappen und 167 Kilometer an der Wartburg in Eisenach vorbei, während der hessische Nibelungenweg (131 Kilometer über 7 Etappen) auf den Spuren der berühmten Legenden um Drachentöter Siegfried und seinen Schatz wandelt. Etliche sogenannte deutsche Jakobswege folgen den mittelalterlichen Pilgerrouten, die zum Teil nach Santiago de Compostela führten oder auch nach Rom. Die Bonifatius-Route folgt dem Trauerzug, mit dem im Jahr 754 der Leichnam des Missionars Bonifatius von Mainz nach Fulda gebracht wurde.

Abenteuer große Fernwanderung

Wer erst einmal mehrere „leichte“ drei- bis viertägige Fernwanderungen im eigenen Land absolviert hat, kann sich auch internationalen Abenteuern zuwenden. Der große europäische Klassiker ist die Alpenüberquerung. Diese ist auf acht verschiedenen Wegen möglich. Die mit Abstand kürzeste Variante ist der Fernwanderweg E5 von Oberstdorf bis Meran in Südtirol (140 Kilometer in 8 Etappen), während für den „Traumpfad“ München – Venedig 520 km in 28 Etappen eingeplant werden müssen und für die Via Alpina von Oberstdorf nach Trieste sogar 800 Kilometer in 40 Etappen.

Außerhalb Europas locken zahlreiche berühmte Fernwanderwege wie der Appalachian Trail in den USA und der Greater Patagonian Trail in Chile und Argentinien, der es auf eine Gesamtlänge von 1500 Kilometern bringt. Wer in Neuseeland Lust auf mehr als die üblichen Backpacker-Touren hat, kann die beiden Inseln vom Cape Reinga im Norden bis Bluff im Süden auf dem 3000 Kilometer langen Te Araroa Trail zu Fuß durchqueren.

Sehr beliebt sind Fernwanderwege in Asien, zum Beispiel im Himalaya oder durch die einzigartigen Landschaften Chinas. Hierbei sind natürlich noch ganz andere Dinge wie Sprachprobleme zu beachten.  Ohne ein kleines Reisewörterbuch Chinesisch, exzellentes Kartenmaterial und einige Absicherung sollte sich niemand auf diesen Weg machen – und schon gar nicht alleine.

Die Vorbereitung auf eine Fernwanderung

Womit wir beim letzten Thema wären: Die Vorbereitung. Gute Wanderschuhe und passende Outdoor-Kleidung sind ebenso Pflicht wie ein tauglicher Rucksack. All diese Dinge lassen sich dann auch bestens auf kurzen Wanderungen ausprobieren. Weiterhin sollte nicht am falschen Ende gespart werden: Ein gedruckter Reiseführer und Karten sind Pflicht! Viele Menschen verlassen sich heute ausschließlich auf ihre Smartphones – und schauen dann buchstäblich in die Röhre, wenn sie im tiefsten Thüringer Wald kein Mobilfunksignal haben, wenn sich der Akku früher verabschiedet als erwartet oder noch schlimmer, wenn das Handy verloren geht. Daher ist eine normale Wanderkarte für mich Pflicht auf Wanderungen. Ein gedruckter Reiseführer ist nicht unbedingt nötig, erleichtert aber die Suche nach Unterkünften enorm, vor allem wenn sich das Wetter unterwegs abrupt verschlechtert und die eigentlich angepeilte Unterkunft in 20 Kilometern Entfernung noch unsagbar fern scheint. Dann hilft ein einziger Blick in den Führer um zu sehen, wo sich die nächsten Unterkünfte und Einkehrmöglichkeiten befinden.

Fernwanderung

Sobald es ins fremdsprachige Ausland geht, gehören auch Sprachführer dazu. Anders als der normale Backpacker oder Tourist, der sich fast nur auf touristisch ausgetretenen Pfaden bewegt, kommt der Fernwanderer tatsächlich immer wieder durch fast menschenleere Gebiete. Wer einem Einheimischen in einem chilenischen Dorf in den Anden oder in den Bergen der chinesischen Provinz Yunnan dann klar machen will, dass er ein Dach über den Kopf braucht, Durchfalltabletten oder einfach nach Tagen der Einsamkeit umarmt werden will, ist klar im Vorteil.